Da ich kürzlich gerade wieder das Vergnügen eines Friseurbesuches hatte möchte ich Dir heute über meine Besuche im Hairshop berichten. Aber ich fange erst einmal mit dem profanen Haareschneiden in China an und was man dabei so alles erleben kann

Haare schneiden!

Chinesen sind ALLE sehr auf ihr Äußeres bedacht und ich habe eigentlich (bis auf wenige Bettler die ich gesehen habe) noch keinen wirklich ungepflegten Chinesen erlebt. Das gilt insbesondere für die Haarpflege und so sind die zahlreichen Hairshops (so heißen die meist auch wirklich, damit auch Ausländer diese finden) gut besucht. In Zeiten von corona und Lockdown war dies natürlich eine echte Herausforderung, die auch nicht immer befriedigend gelöst werden konnte. So bot in unserem Quartier ein Friseur, der ja auch im Lockdown war, seine Dienste auf einem Stuhl vor seinem Hausblock für alle Mitbewohner kostenlos an. Sicherlich eine gute Werbemaßnahme, wenn sie auch wie Du gleich feststellen wirst, nach hinten losging. Ich versuchte natürlich auch über die gemeinsame WeChat App einen Termin bei ihm zu ergattern, wurde aber (zum Glück)auf später vertröstet. Er schnitt nämlich an einem Tag einem später positiv getesteten Mitbewohner die Haare und alle die seine Dienstleistung in Anspruch genommen hatten, durften, wie er auch, für vierzehn Tage in die öffentlichen Quarantäneeinrichtung. Glück gehabt! mir ist nicht berichtet worden ob er in der Quarantäneeinrichtung seine Werbung fortsetzen konnte.

Ich musste also warten bis wir aus dem Lockdown rauswaren und fand, langsam mich unwohl fühlend mit meinen zwar wenigen aber wild wachsenden Haaren, nur einen Haarschneideservice in dem Supermarkt in dem ich einkaufen durfte. Alle anderen hatten noch geschlossen. Wahrscheinlich weil es sich hierbei um einen Armeleute Friseur handelte, musste ich nichtmals warten und durfte in der Schmuddelecke direkt auf dem abgewetzten Bürosessel vor einem hochkant stehenden Pappkarton mit den entsprechenden Friseurutensilien Platz nehmen. Ich nehme es vorweg, für umgerechnet 1,90€ durfte ich auch nicht sehr viel mehr erwarten. Der junge Mann der mich frisieren sollte und dieses Handwerk bestimmt nicht gelernt hat, brauchte erst einmal geraume Zeit um sich in einen Schutzanzug zu zwängen und mir einen fleckigen Umhang umzulegen. Nach dem Besprühen aller Gerätschaften mit einer Desinfektionsflasche, von der ich allerdings bei dem Preis vermute das nur Wasser drin war, fing er auch schon an meinen Kopf, bzw. meine Haare mittels Akkuschneider sach- und fachgerecht zu bearbeiten.

Das Besprühen der Geräte ließen meine Gedanken weit zurück in meine Jugend schweifen, zu einer Reise per Interrail nach Südfrankreich. Damals suchten mein Freund und ich ein billiges Hotel in Marseille und wurden, naiv wie wir waren, im Marokanerviertel in der Nähe des Bahnhofes fündig. Der Besitzer gab uns auch bereitwillig ein Doppelzimmer und führte uns zu dem Schlafraum. Dort angekommen nahm er eine große Sprühflasche, auf der Insekten abgebildet waren und besprühte die vom vorherigen Gast benutzte Bettwäsche zur weiteren Nutzung. Ich wollte schon im festen Glauben an deutsche Chemieprodukte und weil ich auch müde war das Zimmer bereitwillig nutzen, aber mein etwas penibler Freund verweigerte sich diesem “grundgesäuberten” Zimmer. Das Problem war nur das wir schon eine Zahlung mit einem fünfzig DM Schein getätigt hatten und der Besitzer auf einmal nichts mehr verstand als wir versuchten ihm klar zu machen das wir gehen und natürlich unser Geld zurück haben wollten. Er verschwand einfach im Hinterzimmer und ließ uns unverrichteter Dinge an der Rezeption stehen. Da ich zu der Zeit im Einzelhandel ein Praktikum gemacht hatte, wusste ich wie eine Registrierkasse mit einem Handschlag geöffnet wird und tat dies auch. Und richtig da lag nur der eine fünfzig DM Schein drin, den ich schnell ergriff und wir wie vom Teufel getrieben davonrannten. Wildes Geschreie verfolgte uns durch das Marokkanerviertel, aber wir verließen es lebend.

Bei diesen Gedanken konnte ich feststellen das mein Friseur sichtlich Spaß an der Arbeit hatte und vielleicht davon träumte einmal ein großer Figaro zu werden, so virtuos bearbeitet er meine Haare. Immerhin hing ein halb blinder Spiegel an der Wand so dass ich das ganze gut beobachten konnte. Ähnlich wie im Krankenhaus (andere Geschichte) bei dem Gespräch mit einem Arzt als ich einmal krank war, versammelten sich auch hier mehrere Besucher um sich mit anzusehen was der junge Mann mit dem “laowei” (Ausländer) macht. dabei wurde viel gesprochen (was ich natürlich nicht verstand) und viel gelacht (konnte nur um mich gehen).

Glücklicherweise hatte meine Mitbewohnerin klare Anweisungen gegeben wie zu schneiden ist, so das ich keine weiteren Verständigungsprobleme hatte. Allerdings Zeit um mir den Arbeitsplatz etwas genauer anzusehen. Dabei fiel mir ein Staubsaugerschlauch mit Polsterbürste auf und ich bewunderte die Kreativität des Besitzers und dachte das er aus dem Staubsauger einen Staubbläser gemacht hat. Und tatsächlich als er mit dem Schneiden fertig war, nahm er besagten Staubbläser, desinfizierte die Teppichbürste mit “Desinfektionswasser” und schaltete das Gerät ein. Ich staunte nicht schlecht, als es sich eben doch als StaubSAUGER herausstellte und er mit der Bürste Kopf, Nacken, Gesicht und Hals bei direktem Hautkontakt absaugte. Nur für einen Moment dachte ich über meinen eigenen Schweiß (bei 37 Grad Außentemperatur) und den der vielen vorherigen Kunden nach. Endlich erlöst, zahlte ich per WeChat die 15 RMB (Trinkgeld ist in China nicht üblich) und fuhr schnellstens mit dem Fahrrad in unsere Wohnung und nahm eine ausführliche Dusche. Allerdings konnte sich das Resultat dieses Besuches durchaus sehen lassen.

Etwas gehobenerer Haishop

Normalerweise geht man aber eben in einen normalen “Hairshop” von denen es in jeder Strasse eine Menge gibt. letztens war es wieder soweit und meine Mitbewohnerin lotste mich zu einem solchen, erläuterte dem Mitarbeiter (hier in China wird noch streng getrennt wie früher bei uns in der Kirche – Frauen auf der einen Seite werden von Frauen bedient, Männer auf der anderen Seite werden von Männern bedient) wie zu schneiden ist, der Preis wird vereinbart und da ich noch etwas warten musste setzte ich mich im Eingangsbereich auf ein etwas abgewetztes aber komfortables Sofa. Meine Mitbewohnerin sagte das sie derweil etwas bummeln gehen würde und liess mich allein. Keine fünf Minuten später erhielt ich eine Message von ihr auf WeChat das ich den Hairshop verlassen und zu einem anderen in der Nachbarstrasse kommen solle. Da solche Anweisungen nie ohne triftigen Grund kommen folgte ich brav, verabschiedete mich mit einem “zai jian” was auf Wiedersehen heißt (aber in diesem Fall nicht so gemeint war) und traf meine Mitbewohnerin in dem anderen Hairshop. Der triftige Grund war erstens ein günstigerer Preis 30 RMB (also 4,35€) zu 35 RMB (also 5,07 €) und keine Wartezeit. ich nahm also brav auf dem Friseurstuhl Platz bekam einen sauberen Umhang umgehängt und erst einmal eine ausführliche Kopf- und Nackenmassage.

An dieser Stelle muss ich erwähnen das es in China kein duales Ausbildungssystem wie in Deutschland gibt und die meisten Handwerksberufe im “learning by doing” ihre Ausbildung absolvieren. Jemand der schon lange gelernt hat wird eben als Meister geführt (und da ist der Haarschnitt auch teurer) aber bei den Jungspunden ist es eben billiger. Ich denke immer in diesem Handwerk kann nicht soviel verkehrt gemacht werden, schließlich wächst auch mein schütteres Haar, wenn auch langsam nach. problematischer sehe ich dieses Ausbildungsprinzip schon in KFZ Werkstätten oder anderen Dienstleistern wie Gas- und Heizungsinstallateuren. Ehrenrettend muss ich allerdings sagen das China das deutsche duale Ausbildungssystem mehr und mehr kopiert und einführen will.

Auf jeden Fall fühlt sich die Kopfmassage gut an und ich denke beim beherzten Zugriff in meinem Nacken nur kurzfristig über meinen Bandscheibenvorfall am sechsten Halswirbel und die mangelnde Kompetenz des jungen Mannes. In diesem Moment des Wohlfühlens möchte ich sogar das Risiko einer Querschnittlähmung eingehen auch wenn ich nicht glaube das mich meine Mitbewohnerin im Rollstuhl durch die Gegend fahren würde.

Aus solcherlei trüben (mir eigentlich fremden) Gedanken werde ich aufgeschreckt und mir wurde bedeutet doch mit in den Waschraum zu kommen. Hier wie auch in westlichen Friseursalons stehen die Waschsessel auf denen man es sich bequem macht um die Haare gewachen zu bekommen. Dies ist wieder eine Kombination aus waschen und Massage und mit geschlossenen Augen kann man es wunderbar genießen. Danach geht es zurück zum Friseurstuhl und die eigentliche Schneideprozedur beginnt. Ich bin immer wieder begeistert wie lange die an meinem schütteren Haar so rumschneiden können, als würden sie nach Zeit bezahlt. Dann, wenn man zufrieden ob des Ergebnisses genickt hat und ein “xie xie” (gesprochen sir sir wie das englische Sir) ausgesprochen hat was soviel wie besten dank heißt, kommt der kuriose letzte Teil. Es geht erneut in den Waschraum und die Haare werden erneut gewaschen. Danach wieder zurück und die Haare werden geföhnt und man (zu Frau komme ich gleich) kann gehen. Die Bezahlung erfolgt wie immer über die Bezahlfunktion aber da es in China üblich ist zu Friseurbesuch oder Massage einzuladen habe ich bisher erst einmal (für 15 RMB) den Friseur selber bezahlt (-:

Bei Frauen dauert diese Prozedur bekanntlich weltweit länger und so kann es durchaus passieren das meine Mitbewohnerin und ich gemeinsam zum Friseur gehen (sie bezahlt) und wir uns mit einer Zeit Differenz von 2-3 Stunden wieder treffen. Viele Frauen die in älteren Wohnungen ohne richtige Dusche leben oder einfach zu bequem sind sich die Haare selber zu waschen, nutzen den Friseur auch einfach nur um sich die Haare waschen und trocknen zu lassen, was etwa 30 RMB (4,35€) kostet.

So hatten wir folgende nette Begebenheit als uns meine Mitbewohnerin vor drei Jahren in Deutschland besuchte und wir in Kölln durch die Einkaufsstraßen bummelten. Sie sah ein Friseur Geschäft und hatte auf einmal das Bedürfnis ihre Haare waschen zu lassen. Ich fragte also im Geschäft ob es möglich sei nur die Haare waschen zu lassen was mir positiv beschieden und gleich der Preis von 10,-€ genannt wurde. Wir waren handelseinig, meine Mitbewohnerin verschwand im Geschäft und ich wartete geduldig vor der Türe auf das sie fertig würde. Auf einmal erschien die Mitarbeiterin mit einem verzweifelten oder vielleicht sogar erbosten Gesicht und berichtete mir das meine Mitbewohnerin es ablehne ihre Haare selber zu föhnen und diesen Service in Anspruch nehmen wolle. Die Mitarbeiterin sagte mir das sie das normal nicht machen aber mit dem Hinweis auf die Kommunikationsschwierigkeiten mit der Chinesin konnte ich sie dazu bringen die Haare doch zu föhnen was aber weitere 15,-€ kostete. So hatten wir für die gleiche Leistung wie in China das fünffache ausgegeben und so wie ich in China immer und zu fast allem eingeladen werde, war ich hier in Deutschland dran )-:

Luxushaarshop und Massage

Nun zeige ich Dir also die Königsklasse des Haareschneidens in China. Also zeigen ist vielleicht zu viel gesagt, aber ich werde es so gut wie möglich beschreiben. Der eigentliche Vorgang ist naturgemäß nicht anders als in anderen “Hairshops” aber die Begleiterscheinungen sind einfach luxuriöser und noch angenehmer. Meist sitzen die Mitarbeiter im Eingangsbereich der, in diesem Segment fast immer in den oberen Etagen eines Gebäudes befindlichen, Räumlichkeiten, um Jacke, Schirm, Tasche oder was man sonst noch loswerden will, in Empfang zu nehmen. Dann, nachdem man (und natürlich auch Frau, sorry nochmal an dieser Stelle) an seinen Platz geleitet wurde, wird man erst mal mit allerlei Köstlichkeiten (von Obst über Gebäck bis hin zu Fruchtsuppe o.ä.) versorgte, bevor der zugeteilte Mitarbeiter mit der Beratung und damit automatisch mit der Rechnungsstellung (hier kann ich nichts zu den Preisen sagen, da ich immer eingeladen werde, aber entsprechend der Länge der Diskussion gehe ich davon aus das meine Mitbewohnerin immer einen guten Preis aushandelt – so nach dem Motto: für das bisschen Haare willst Du doch nicht soviel verlangen, oder!!) beginnt. Wie schon erwähnt, ist es ohne ausreichende Sprachkenntnisse nicht ganz einfach und daher bietet es sich immer an Freunde mitzunehmen die einem helfen. Ich bin auch der festen Überzeugung das man sonst ziemlich schnell über den Tisch gezogen oder sprichwörtlich über den Löffel barbiert (Früher nutzten Barbiere einen Löffel, um bei alten Männern die aufgrund von fehlenden Zähnen eingefallenen Gesichtspartien nach außen zu drücken, und damit die Rasur einfacher zu gestalten – wobei ich jetzt nicht weiß was daran so betrügerisch sein soll (-: ). Also wenn Du mal alleine in China zum Friseur musst suche entweder einen Shop in großen Shoppingmals (da wird häufiger englisch gesprochen) oder versuche per Übersetzungs App im Voraus klar den Preis zu vereinbaren. Betrug ist in China nichts wirklich negatives sondern mehr ein Volkssport und je leichter Du es Deinem Gegenüber machst desto größer fällt der Betrug aus, allerdings umso enttäuschter ist er auch, schließlich ist es ein Sport und zu leicht mag man da auch nicht gewinnen. Diese “Philosophie” des “bevor Du mich betrügst, betrüge ich besser Dich” wird übrigens dem großen Feldherrn Cao Cao (155-220) zugeschrieben. Er ist in den Köpfen der Chinesen sehr präsent und wenn man sich über Betrügereien unterhält und den Namen Cao Cao fallen lässt wird herzlich gelacht.

Aber zurück zu meinem Friseur Event. Nach einer ersten Kopfmassage, leichter Schultermassage, Waschen, Schneiden, Waschen und Fönen steht dieses Mal auch Ohrenputzen mit auf dem Zettel. hierzu wird die Watte am Wattestäbchen zu einer Spitze gezwirbelt und damit sehr zartfühlend das innere des Ohres gereinigt. Diesen Service kannst Du auch in einigen Touristenhochburgen auf der Strasse in Anspruch nehmen, was ich persönlich auch schon mehrmals gemacht habe (Kosten zwischen 5-10 RMB). Ich kann das nur empfehlen, ist wirklich ein angenehmes Gefühl.

Eine Ohrreinigung oder Massage ist sehr empfehlenswert und wird auf der Strasse oder im Hairshop angeboten

Um das angenehme Gefühl noch zu erweitern wird einem in den gehobenen Hair Shops im Anschluß an den Haarschnitt immer auch eine richtige (kostenpflichtige) Massage in einer weiteren Etage gelegenen Massageabteilung angeboten. Wenn meine Mitbewohnerin großzügig ist oder mir die Wartezeit verkürzen will, lädt sie mich des Öfteren zu einer Massage ein. Hier kehrt sich das Verhältnis um und man (und auch Frau) kann sich aussuchen von wem man massiert wird. In der Regel ist das dann so das ich eine Frau zum massieren aussuche (ja es ist tatsächlich so das man aus den wartenden MitarbeiterInnen eine auswählen darf) und meine Mitbewohnerin einen Mann. hier gibt es dann von der Fuß über Nacken- bis zur Ganzkörpermassage alles was der Geldbeutel hergibt. Um die Frage gleich zu beantworten – hier hat die Massage nichts mit erotischer Massage zu tun, auch wenn es bei der Ganzkörpermassage hart an der Grenze ist. Erotische Massagen wie auch Prostitution sind in China verboten, aber wie mir berichtet wurde in Hinterzimmern durchaus auch anzutreffen.

Hier nun noch ein Tipp um an all diese Annehmlichkeiten kostengünstig zu kommen. Es gibt bestimmte Apps die alle diese (teuren) Leistungen zum Einführungspreis oder Schnupperpreis anbieten. Meine Mitbewohnerin ist eine Meisterin darin diese herauszufinden und so bekommen wir das Haareschneiden oder auch Massagen meist zu einem fantastisch günstigen Preis. Hierzu brauchst Du aber wieder kundige Freunde die das für Dich herausfinden.