Wiener Schnitzel

Etwas gerädert aber pünktlich erreiche ich Frankfurt Flughafen Bahnhof morgens um 7:45. Ich mache mich sofort auf den Weg zum medi-center. Mit meinem 20 Kilo Gepäck laufe ich durch den halben Flughafen und finde nach etwas umständlicher Suche das medi-center. Ich bin so früh dort das ich scheinbar auch der erste Besucher bin. Ich atme tief durch und geh zu dem Security Mann der den Eingang bewacht und frage ganz locker ob ich hier den Antigentest machen kann. Er fragt mich nach meiner online Anmeldung und ich antworte wie mir empfohlen, dass ich eine E-Mail an das medi-center geschickt hätte und auch telefoniert hätte und heute Morgen um 8:00 Uhr mich hier melden soll. Dabei winke ich mit meinem Handy (übrigens wenn man das mit dem Handy mit der WeChat Funktion „schütteln“ etwas heftiger macht, bekommt man Kontakt zu Wechat Teilnehmer in der Welt die dies auch gerade machen, man wundert sich wie viele immer wieder das Handy schütteln). Er guckt mich etwas länger an ich erwidere den Blick und dann sagt er das ja noch niemand da sei und ich mal reingehen soll. Puh erste Hürde genommen. An der Anmeldung erfolgt das gleiche Spiel noch mal. Hier allerdings mit dem Zusatz dass ich für die beiden Tests rund 300 € zu zahlen habe. Was bleibt mir anderes übrig. Ich werde mir das Geld schon irgendwie wieder zurückholen. Nun geht alles routiniert von statten und ich erfahre dass ich in etwa 3 oder 4 Stunden das Ergebnis als E-Mail erhalte. Da der Flug erst um 20:00 Uhr geht und ich somit die Ergebnisse zum hochladen um 14:00 Uhr haben müsste bin ich etwas entspannter und gehe zurück ins Flughafengebäude um bei McDonald’s ein erstes Frühstück zu nehmen. Danach sammelt sich das Blut ein wenig im Bauch die Anspannung fällt und ich werde auf einmal sehr müde. Ich gehe in die große Abflughalle suche in irgendeiner Ecke einen Stuhl stelle meinen Koffer und meine Tasche vor mir auf, lege den Kopf auf die selbigen und bin auch ganz schnell eingeschlafen.

Als ich nach etwa einer Stunde aufwache, stelle ich beruhigt fest das Gepäck Ausweise Geld und alles noch da ist und ich mich doch ein bisschen ausgeruhter fühle. Erst jetzt komme ich auf die Idee mein großes Gepäck zur Gepäckaufbewahrung zu geben. Befreit von dieser Last gehe ich außerhalb der Hauptgebäude in ein Café mit Außenbereich in dem ich in Ruhe etwas trinke und alle notwendigen Telefonate und E-Mails beantworte. Irgendwie muss ich die Zeit jetzt ja totschlagen. Glücklicherweise kommen auch die ersten Anfragen aus China. Linda fragt wann ich denn los fliege. Das Kurzzeitgedächtnis der Chinesen scheint doch nicht so gut zu sein. Tina fragt ob ich schon in der Maschine sitze (dto) und Jiming aus Bayreuth fragt, ob wenn ich den Flug nicht erreiche nicht Lust hätte nach Bayreuth zu kommen. Diese und ein paar andere Anfragen beantworte ich und kann damit sehr gut die Zeit verbringen. Gegen 14:00 Uhr erhalte ich tatsächlich von medi-center die E-Mails mit den entsprechenden Befunden. Der PCR Test ist wie zu erwarten negativ und der Antikörper Test durch meine Impfung positiv. Nun muss ich das ganze nur noch auf der Website des Generalkonsulats hochladen um den so genannten grünen QR-Code für die Einreise nach China zu erhalten. Ich begebe mich an einen ruhigen Ort im Flughafen wo wenig Menschen sind breite meine Unterlagen aus, öffne mein Notebook und mein Handy und logge mich im Generalkonsulat ein. Diesmal funktioniert alles wie am Schnürchen, nur als ich die vorher gespeicherten Dokumente und Dateien hochladen möchte akzeptiert die Konsulat Seite diese nicht. Ich versuche es ein zweites Mal und ein drittes Mal. Ich weiß dass heute Samstag der 14. ist insofern sollte eigentlich alles etwas besser klappen. Aber nach dem dritten Versuch bekomme ich die Mitteilung vom Konsulat dass ich nun dreimal versucht hätte etwas hoch zu laden und ich für eine halbe Stunde gesperrt sei. Gleichzeitig sehe ich das mein iPhone nicht mehr so viel Power hat und ich gehe erst mal auf die Suche nach einer geeigneten Steckdose. Diese finde ich im Bereich einer Eingangstür etwa 10 cm oberhalb des Fußbodens, so dass ich mich mit meinen Unterlagen direkt neben die Eingangstür hinsetze das Handy an das Netz anschließen und versuche meine Unterlagen zu sortieren. Ich glaube wenn ich jetzt einen Hut auf den Boden legen würde, könnte ich sicherlich den ein oder anderen Cent ergattern. Oder wenn ich einen Zettel mit der Aufschrift „Bitte um eine Zigarette“ sicherlich dies auch. Aber ich glaube betteln ist im Flughafen verboten und somit verbietet es sich mir. Zwischendurch habe ich mir bei Kathrin (als Digitalisierungsspezialistin)  technischen Rat für das hochladen der Dokumente geholt und wir wollen es bei dem nächsten Durchgang gemeinsam probieren. Ich merke das ich über all die Aufregung die eigentliche Aufregung über den bevorstehenden Flug vergessen habe. Das tut ganz gut und in dem Moment denke ich nur daran dass ich am Abend eine schöne Mahlzeit und ein Glas Wein im Flugzeug bekommen werde. Jemand aus der Familie hatte mir tröstend geschrieben das es Abends Wiener Schnitzel gibt. Wenn dieses Wiener Schnitzel auch eine chinesische Reispfanne ist, ich nehm alles.

Nachdem die halbe Stunde vergangen ist mache ich eine Telefonschalte mit Kathrin und logge mich ein um erneut an den Dokumenten zu scheitern. Kathrin lockt sich ebenfalls ein, doch das chinesische KI merkt, dass von zwei Seiten auf die Seite zugegriffen wird werde ich ein weiteres Mal für 30 Minuten gesperrt.

Ich nutze die Zeit um draußen eine Zigarette nach bewährter Methode zu schnorren um dann noch mal in aller Ruhe die Unterlagen zu studieren und die Anweisung des Generalkonsulats zur Nutzung der Anmeldeseite zu lesen. Da steht doch tatsächlich dass es am sinnvollsten ist das iPhone mit der entsprechenden Scanfunktion zu nutzen. Ich sollte öfters erst denken und lesen und dann handeln, es ist sicherlich nicht zu spät für diese Erkenntnis.  Daher begebe ich mich, da mittlerweile der Akku wieder ausreichend aufgeladen ist, zu besagter ruhiger Stelle breite erneut meine Unterlagen aus und lade die Konsulat Seite auf meinem Handy hoch. Funktioniert. In der Handy Version muss man zur Identifizierung ein Puzzle Teil in einem Puzzle verschieben. Das bekomme ich hin. Es erscheint der Schriftzug „Verifizierung erfolgreich“. Ich bin happy. Darunter ist ein Button mit chinesischen Schriftzeichen den ich zu drücken gedenke. Ich werde auch direkt zu einer Seite weitergeleitet auf der ein weiterer Button mit der Aufschrift „zum nächsten Schritt“. Auch diesen drücke ich und finde mich wohlbehalten bei dem Puzzle Teil wieder. Ich mache das ein zweites Mal und ein drittes Mal. Ich bekomme die freundliche Mitteilung dass ich für weitere 30 Minuten gesperrt bin.

Ich nutze diese Zeit nach einer weiteren Zigarette um im Generalkonsulat anzurufen aber erreiche erwartungsgemäß niemanden. Ich schreibe eine Brand Mail an das Generalkonsulat erzähle meine Notlage und bitte um dringende Hilfe. Ich bekomme sofort eine Rück Antwort mit den allgemeinen FAQs wie man am besten nach China einreist.

Es ist schwül in Frankfurt und nur darauf führe ich meine Schweißausbrüche zurück. Es ist mittlerweile 15:30 Uhr und ich starte den Vorgang erneut. Ich werde wieder dreimal zum Puzzle geführt und bekommen die mir wohl bekannte Mitteilung dass ich 30 Minuten gesperrt bin. Verzweifelt laufe ich in der Abflughalle hin und her und frage mich was sollen mir diese Zeichen alle sagen. Ich verzichte auf die nächste Zigarette und überlege zum Schalter von Air China zu gehen um dort zu fragen ob mir jemand helfen kann (hätte ich auch schon früher drauf kommen können). Als ich den Schalter erreiche stehen dort etwa 200 Mitreisende die wohl alle schon ihren grünen QR-Code haben und checken ein. Wenn ich berechne wie lange ich brauche um erst mal bis zum Mitarbeiter zu kommen verpasse ich wahrscheinlich meinen Flug. Auf einmal sehe ich ein Pinguin ähnlich verkleideten Chinesen der die Fluggäste dirigiert und gehe auf ihn zu, sage nie hau hello und guten Tag und sage ich brauche dringend seine Hilfe damit ich um 20:00 Uhr mit dem Flieger mit fliegen kann. Ich erkläre ihm meine bisherige Vorgehensweise und ich kann hinter der vollverkleideten Maske nicht richtig erkennen ob er mich anlächelt oder auslacht. Er empfiehlt das ich mich  am besten mit einer neuen E-Mail-Adresse  erneut anmelden und dann würde er Schritt für Schritt mit mir die Anmeldung vornehmen. Ich komme wieder auf die mir wohl bekannte Seite und werde auf die mir wohl bekannte Puzzle Teil Seite verwiesen. Ich füge das Puzzle ein. Ich will auf den Button drücken. Da reißt er meine Hand weg und sagt das darf man gar nicht machen. Nachdem ich also nichts mache öffnet sich Alibabas Wunder Seite und ich bin in der Registrierungsseite des Generalkonsulats. Manchmal ist es eben einfach besser Dinge nicht zu tun – schon wieder eine Erkenntnis. Nun stehe ich mitten in den Reisenden mit dem Mitarbeiter des Flughafens und muss mittels Handyscanner,  Pass Visum Berichte Flugticket etc. ein scannen. Ich setz mich in mitten dieser Leute auf den Boden breite meine Unterlagen in der Abflughalle aus, achte nicht darauf was die Leute sehen gucken oder denken und fange an Stück für Stück meine Dokumente auf dem Boden sitzend mit dem Handy einzuscannen. Mein Begleiter versucht zwischendurch anderen Person zu helfen aber ich rufe ihn jedes Mal zurück. Wir haben alles eingescannt aber das System sagt das Foto für meinen Ausweis ist nicht richtig ist. Bestimmt vier oder fünf Mal wiederholen wir den Vorgang. Bis wir feststellen dass wir eine falsche Reisepass Nummer eingegeben haben und diese nicht zu dem Foto passt. Nach Korrektur dieser Nummer akzeptiert endlich das Generalkonsulat meiner Anmeldung. Ich erhalte einen orangenen QR-Code mit dem Hinweis dass meine Anmeldung in Bearbeitung ist. Es ist jetzt 17:00 Uhr. Der Mitarbeiter sagt es dauert meistens 2-3 Stunden bis das Konsulat reagiert und ich soll um 18:30 Uhr nochmals kommen denn wenn dann noch kein grüner Code da ist würde man versuchen mit dem Generalkonsulat zu telefonieren. Gleichzeitig weist dieser Mitarbeiter mich darauf hin dass der counter um 19:00 Uhr geschlossen wird. Ich atme tief durch danke dem Mann in drei Sprachen und frage ihn ob das Zoll Dokument auf das das Auswärtige Amt hinweist nicht ebenfalls zu diesem Zeitpunkt ausgefüllt werden müsste. Eigentlich müsste ich die chinesische Mentalität kennen denn der Mann (der sich immerhin eine Stunde mit mir beschäftigt hat) sagt zu mir nein das brauchen sie nicht, das können Sie auch noch in China ausfüllen. Er hat sein Gesicht (das ohnehin hinter der dicken Maske steckt) nicht verloren und schickt mich auf einen guten Weg, denke ich jedenfalls. Ich gehe wieder zu besagten Eingang mit der Steckdose da mittlerweile mein Akku schon wieder runter gefahren ist und setze mich dorthin und versuche einfach an nichts zu denken. Weitere Telefon und Chat-Anfragen drücke ich einfach weg und denke darüber nach ob ich tatsächlich nach Bayreuth fahre wenn ich jetzt den grünen QR-Code nicht bekomme. Alle 5 Minuten reload ich den Orangen code aber er bleibt orange. Endlich nach etwa einer  Stunde wird er grün. Eine gewisse Erleichterung macht sich breit. Nun kann ich endlich über die normalen Sorgen eines normalen Fluges nachdenken. Ich gehe zum Counter und gehe zu meinem neuen Freund und zeige ihm stolz unser Resultat. Ich glaube er befürchtet das ich ihn doch noch nach der Zollerklärung frage und daher bugsiert er mich direkt zum Business Schalter sagt etwas zu dem Kollegen in Chinesisch und verabschiedet sich schnell. Ich bekomme ganz schnell mein Ticket geh durch die Kontrolle und gehe zum Gate und setze mich erleichtert hin. Jetzt stelle ich fest dass ich seit dem Frühstück nichts mehr gegessen habe und freue mich auf das Wienerschnitzel im Flugzeug. Auch wenn sich das Wiener Schnitzel als chinesische Reispfanne herausstellen sollte freue ich mich darauf. Im Abflugbereich sehe ich sehr viele Chinesen die Ganzkörperanzüge anhaben und überlege ob ich hier irgendetwas verpasst habe oder in Kürze auch einen solchen Anzug verpasst bekomme. So vergeht die Zeit und es beginnt das Boarding bei dem alle Fluggäste einen anderen Code nämlich den der chinesischen Zollbehörde vorzeigen müssen. Ich frage eine offensichtlich deutsche Passagierin wie man diesen erhält und mittels WeChat und anderen Funktionen schaffe ich es tatsächlich noch diesen zu laden. Jetzt sind aber alle Passagiere schon im Flugzeug und ich sicherlich einer der letzten. Ich hab das große Glück einen beinfreien Sitz in der Nähe des Notausgang zu bekommen (bei den Strapazen sehe ich das als gerechtfertigte Entschädigung) so dass ich mich bequem ausstrecken kann und in Ruhe darauf warten dass das Flugzeug startet und nach dem Start endlich etwas zu essen und zu trinken gibt. Der Hunger quält mich aber es gibt eine kleine Lunchbox auf dem Sitz und zwei kleine Flaschen Wasser und die in der Box enthaltenen Nüsse und Schokoriegel hab ich schnell aufgegessen und entspanne nun und warte den Start ab. Ein traumhafter Start mit herrlichen Bildern draußen und endlich sind wir auf Flughöhe so dass ich schon Aussicht halte wann der Wagen mit dem Essen kommt. Er kommt nicht. Er wird auch nicht kommen. Corona bedingt hat die Fluglinie Essen und Trinken gestrichen und dies für einen 11 Stunden Flug. Ich trinke das restliche Wasser bringe den Sitz in Liegeposition und kann tatsächlich schnell einschlafen und verschlafen fast neun Stunden der gesamten Flugzeit.