Endlich soll es losgehen, lange habe ich auf diesen Tag gewartet. Eineinhalb Jahre musste ich warten bis ich mein Visum bekam um endlich wieder nach China reisen zu können. Nun kommen mir so Gedanken, wie: soll ich wirklich für drei Monate nach China reisen – oder soll ich gleich einen Einbürgerungsantrag stellen.

Aber jetzt muss ich erst einmal, nachdem ich das Visum bekommen habe und auch einen verhältnismäßig günstigen Flug ergattern konnte, die Formalien für die Einreise nach China abarbeiten. Schon vor ein paar Tagen hatte ich beim Hausarzt angefragt ob er den notwendigen Bluttest für die Einreise nach China machen kann. Dies wurde bestätigt. So dass ich heute am Freitag den 13. (das sollte eigentlich ein guter Tag werden)  morgens um acht den ersten Termin beim Arzt für die Blutabnahme habe. Eher ging dieser Termin nicht, da die chinesischen Behörden vorschreiben, dass der Test nicht älter als 48 Stunden vor dem Abflug sein darf. Daher frage ich die Sprechstundenhilfe (heißt heutzutage glaube ich anders) vorsichtshalber nochmals wann ich denn mit dem Ergebnis rechnen kann. Sie guckt mich erstaunt an und sagt das heute Freitag sei (also vom 13. sagt sie nichts) und vor Montagmorgen nicht mit dem Ergebnis zu rechnen sei. Ich erkläre ihr das ich bei der Anmeldung extra darauf hingewiesen habe dass ich das Ergebnis noch am Freitag brauche und bitte den Prozess zu beschleunigen. Sie sagt dass sie macht was möglich ist und ich soll am Nachmittag noch mal anrufen. Mein Adrenalinpegel steigt für mich fühlbar. Aber was nützt es in diesem Moment. Ich mache mich aber jetzt nicht mehr ganz so euphorisch auf den Weg zum nahe gelegenen Corona Testzentrum, da ich auch noch einen negativen PCR Test benötige. Auch hier hatte ich mich vor angemeldet und auch hier hatte ich darauf hingewiesen, dass ich das Test Ergebnis noch am selben Tag benötige. Aber vor Ort wird mir gesagt dass es vielleicht erst Samstagmorgen werden kann. Man verspricht mir allerdings auch hier den Prozess etwas zu beschleunigen.

Wieder zu Hause erwarten mich schon unsere Jungs um mich bei einem Mittagessen für die Reise zu verabschieden. Irgendwie habe ich keinen Appetit. Ich telefoniere nochmals mit der Praxis und dem Testzentrum und werde gebeten um 15:00 Uhr anzurufen um in Erfahrung zu bringen ob mein Ergebnis da ist. Die Zeit bis dahin verbringe ich mit den Jungs und um 15:00 Uhr rufe ich in der Praxis an. Man (also richtig Frau) sagt mir ich könnte jetzt mein Ergebnis abholen. Die Erleichterung ist für mich und mein Umfeld spürbar. Frohen Herzens gehe ich die wenigen hundert Meter bis zu der Arztpraxis und erhalte auch prompt den Zettel mit der Blutanalyse. Wieder zu Hause ist nur noch Max da aber als zukünftigem Mediziner (und Mitarbeiter im Gesundheitsamt) zeige ich ihm stolz meine Bescheinigung. An seinem Gesicht kann ich ablesen dass irgendetwas nicht stimmt. Er sagt zu mir das dies nicht der Test sei den ich brauche, sie hätten den falschen Test gemacht. Er erklärt mir, als zukünftige Mediziner, mir als medizinischen Laien, den Unterschied zwischen den verschiedenen Tests. Ich höre nur halb zu und verabschiede mich ganz schnell um noch mal zu der Praxis zu fahren um das richtige Ergebnis zu bekommen. Nun laufe ich nicht mehr leichtfüßig die kurze Distanz bis zur Praxis sondern nehme mein Fahrrad und radel so schnell ich kann dorthin. Der Mitarbeiterin am Empfang ist die Verwechslung zwar peinlich aber gedanklich ist sie ja auch schon im Wochenende. Auf meine Frage ob das Labor nicht mit meinem vorhandenen Blut den richtigen Test machen könnte, erhalte ich die Antwort dass für diesen Test die Blutprobe nach Kempten im Allgäu geschickt werden müsste und frühestens am Dienstag zurück sei. Ich glaube nicht nur mein Adrenalin verändert sich gerade sondern auch verschiedene andere Stoffe in meinem Körper rebellieren. Ich bedanke mich trotzdem wünsche ein schönes Wochenende und radle wieder schnellstens nach Hause. Dort sitzt Max auf dem Balkon und raucht gerade eine Zigarette und so setze mich dazu rauche auch eine und Max beruhigt mich und sagt: Papa komm erst mal runter. Nachdem mich das gegebenenfalls etwas beruhigt hat, fange ich an hektisch herum zu telefonieren und in Erfahrung zu bringen wo ich noch an diesem Freitag oder aber spätestens Samstagmorgen den für mich und für die Einreise nach China unabdingbaren Test machen kann. Ich bringe in Erfahrung dass das medi-center direkt am Flughafen Frankfurt diese Tests durchführt und man online Termine buchen kann. Ich logge mich ein, aber der nächst mögliche und freie Termin ist erst Ende August. Ich versuche das medi-center am Flughafen in Frankfurt telefonisch zu erreichen. Aus gutem Grund geht das nicht und es ist nur die online Anmeldung möglich. Hitzewallungen Schweißausbrüche und Zittern der Hand kommen gleichzeitig und in den unterschiedlichsten Schüben. Setze mich einfach noch mal zu Max und rauche eine weitere Zigarette. Überlege das ich den Flughafen direkt anrufen könnte und tue dies auch. Dem sehr netten Ansprechpartner erläutere ich meine Situation und er meint es gebe eventuell eine Lösung aber die sei nichts für schwache Nerven. Ich soll eine E-Mail an das medi-center schicken und mich dann auf den Weg machen und Samstagmorgen um 8:00 Uhr vor dem medi-center stehen und (frech – kann ich) mit der Email in der Hand behaupten ich hätte mich doch mit einer E-Mail angemeldet. In den meisten Fällen (über die anderen will ich nicht nachdenken), so sagt der freundliche Mitarbeiter, würde das funktionieren. Bei meiner heutigen Glückssträhne glaube ich auch fest daran. Meine ursprüngliche Planung war, dass ich nach Erhalt der Testergebnisse diese wie vorgeschrieben auf der Gesundheits Plattform des chinesischen Konsulats hochlade um einen grünen QR-Code für die Einreise nach China zu bekommen und dann am Samstagmorgen in Ruhe mit dem Zug nach Frankfurt zum Flughafen zu fahren und am Samstagabend mit dem geplanten Flieger um 20  Uhr nach Shanghai zu fliegen. Nun muss ich meinen Zug umbuchen und fahre statt Samstag morgen in aller Ruhe, nun in der Nacht, wahrscheinlich auch in Ruhe, um am Samstagmorgen pünktlich um 8:00 Uhr am Medicenter am Flughafen stehen zu können. Der einzige mögliche Zug ist um 1:00 Uhr Nachts, Abfahrt in Kiel. Also buche ich schnell um . Da es später Nachmittag ist fange ich an meinen Koffer zu packen. Obwohl ich so oder so geplant hatte an diesem Freitagnachmittag alles zu packen, fühlt es sich jetzt etwas hektischer an. Gegen 21:00 Uhr habe ich das Gefühl alles gepackt zu haben, aber werde spätestens bei der Ankunft in China merken was ich alles vergessen habe. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Ich sehe mir sinnlos Filme im Fernsehen an und trinke eine Flasche Wein um die Zeit bis zur Abfahrt des Zuges zu überbrücken. Um 00:30 Uhr nachts fahre ich mit dem Taxi zum Bahnhof um den Regionalexpress von Kiel nach Hamburg zu nehmen. Glücklicherweise fahre ich zum Supersparpreis für Senioren ab 65 (sehr zu empfehlen) in der ersten Klasse zum wirklich günstigen Preis und so ist es zumindest etwas komfortabel. Um kurz nach 2:00 Uhr erreiche ich den Hamburger Hauptbahnhof und habe mehr als eine Stunde Zeit für meinen Anschlusszug nach Frankfurt. Mit meinem 20 kg Gepäckstück und der Schultertasche ist es ein wahres Vergnügen durch die Wandelhalle zu wandeln und das nächtliche Treiben in Corona Zeiten zu beobachten. Ich gehe nach draußen weil ich dort endlich die Maske absetzen kann und besorge mir eine Zigarette. Besorgen ist vielleicht falsch gesagt man könnte es auch edel schnorren nennen, denn ich gehe auf Raucher zu halte ein 0,50 € Stück hin und frage ob Sie so nett sind mir eine Zigarette zu verkaufen. In den weitaus meisten Fällen wollen die Ansprechpartner kein Geld haben sondern helfen sehr gerne aus, sozusagen unter Rauchern. Mir hilft diese Taktik meinen Tabakkonsum zu kontrollieren und preiswert ist es nebenbei auch noch. So vergeht die Zeit etwas schneller und bald finde ich mich in dem Zug nach Frankfurt und versuche trotz und mit Maske ein wenig auszuruhen aber an wirklichen Schlaf ist nicht zu denken da ich darüber nachdenke ob und wie ich am Samstag alle Ergebnisse bekomme und die entsprechenden Einreisedokumente organisieren kann. Über diese Gedanken bin ich dann wohl doch ein wenig eingeschlafen. Und wenn ich denn gewusst hätte was am nächsten Tag auf mich zukommt, ich hätte kein Auge zugetan.